Der blutigste Tag seit der Shoa
Der blutigste Tag seit der Shoah
Daniel Uschpol über die jüngsten Ereignisse in Israel und ihre Folgen für Juden und Jüdinnen weltweit.
14. Oktober 2023
Am 7. Oktober bin ich in einem Albtraum aufgewacht, der bis heute anhält. Tag für Tag realisiere ich, dass dies nun die neue Realität für mich sein wird. Ich bin Jude. Diese Ereignisse treffen mich ins tiefste Mark. Nicht, weil ich jemanden unter den Opfern oder Verschleppten kenne, nicht, weil meine Familie unmittelbar in Israel davon betroffen war, sondern weil ich ganz genau weiß, dass dieser Tag für Juden und Jüdinnen weltweit alles verändern wird.
Schon jetzt ruft die Hamas für den 13. Oktober zu einer Art „globalem Dschihad“ auf. Was dies in der Realität bedeutet: Der jüdische Sportverein „Makkabi Deutschland“ stellt bis auf weiteres seinen Spielbetrieb ein. Der Zentralrat der Juden warnt die Gemeinden und seine Mitglieder, achtsam in diesen Tagen zu sein. Jüdische Aktivistinnen überlegen sich mehrfach, ob sie auf öffentliche Kundgebungen oder dergleichen gehen wollen. Dieser Krieg betrifft die jüdische Gemeinschaft ganz direkt und unmittelbar auch in Deutschland.
Schon wieder fragen sich Juden und Jüdinnen auf der ganzen Welt, ob sie sicher in ihren Heimatländern sind, doch dieses Mal ist es anders. Dieses Massaker fand nicht irgendwo statt, sondern im einzigen sogenannten Schutzraum für das jüdische Volk. Die bittere Realität für uns ist: Es gibt keinen Ort an dem wir vor Pogromen sicher sein können, nicht mal in Israel.
Dieser Tag wird als blutigster Tag des jüdischen Volkes seit der Shoah in die Geschichte eingehen. Nichts kommt auch nur im Entferntesten an diesen Tag heran. Kein Krieg, kein Terroranschlag, absolut gar nichts.
Tatsächlich fehlt mir aktuell die Kraft um innerlinke Debatten zu führen, aber ich würde gerne eines klarstellen: Dieser Terror, dieses Massaker an der Zivilbevölkerung eines international anerkannten Staates ist absolut durch gar nichts zu rechtfertigen. Wer Hamas mit der palästinensischen Bevölkerung in Gaza gleichsetzt, hat nichts verstanden. Wer dies als einen sogenannten „antikolonialen Kampf“ bezeichnet, hat nichts verstanden. Wer nicht verstehen will, dass die Ideologie dieses Angriffs Antisemitismus heißt, hat nichts verstanden.
Die nächsten Tage und Wochen werden höchstwahrscheinlich sehr blutig werden in der Region. Israel bereitet sich auf eine Bodenoffensive vor und dies wird die Anzahl der Toten auf beiden Seiten weiter in die Höhe treiben. Die Situation in Deutschland und Europa für Juden und Jüdinnen wird sich weiter verschärfen und ich bete einfach nur, dass uns nichts passieren wird.
Am Israel Chai.
Der Artikel im Original: https://www.anzeiger-verlag.de/osterholz/artikel/gastkommentar-der-blutigste-tag-seit-der-shoa